Sind die Erreger ein Teil des Immunsystems?

In allen gängigen Lehrbüchern der Immunologie ( =Lehre vom Abwehrsystem des Körpers) steht noch immer zu lesen: „Das Immunsystem dient der Abwehr von Erregern.“ Die Erreger ( Bakterien, Viren, Pilze …) werden da als wild umherschwirrende Eindringlinge dargestellt, die an allen Ecken und Enden nur darauf lauern, um willkürlich und heimtückisch über uns herzufallen und uns in eine folgenschwere lebensbedrohende Infektion zu verwickeln. Und allein um uns davor zu schützen haben wir in dieser erregerzentrierten Sichtweise (=Bakteriozentrisches Weltbild) unser Immunsystem.

Doch genau bei dieser so logisch, da gewohnt erscheinenden Behauptung, nämlich dass das Immunsystem der Abwehr von Erregern dient, könnte es sich um eine der folgenschwersten Fehlinterpretationen der momentanen Medizin- und Therapiegeschichte handeln.
Darauf bauen auch viele weitere Missverständnisses auf, wie etwa die prinzipielle Behandlung von Infektionen mit Antibiotika und Virusstatika oder die Impfung.
Es wird im Bakteriozentrischen Weltbild nämlich so getan, als würde bereits das Vorhandensein eines Erregers ausreichen, um eine Infektion auszulösen, als wäre er die alleinige Ursache einer Infektion. Und als würde allein das Bekämpfen oder Verhindern eines Erregers vor Krankheit schützen. Es scheint jedoch ganz anderes zu sein.
Denn so wie eine Schwalbe allein noch keinen Sommer macht, macht ein Erreger allein noch keine Erregung. Ein Erreger ist zum Beispiel nichts ohne den entsprechenden (Nähr-)Boden. Ein Erreger kann nur dann erregen, also etwa eine Entzündung auslösen, wenn vom Körper bereits etwas zum Entzünden (=Anzünden) vorbereitet wurde. Das ist dann auch der Augenblick, wo ein Erreger, der schon immer vorhanden war, plötzlich wie durch Zufall ‚pathogen’, also ‚krankheitserregend’ wird. In Wirklichkeit ist es vermutlich so, dass er vom Körper selbst zum Zwecke der Entzündung hereingeholt wird. Und dann DARF er eindringen und das Vorbereitete, und nur das, darf er dann als Zündfunke anzünden und dabei den körpereigenen Entzündungsstrukturen beim Verheizen behilflich sein.

Und auch das "Eindringen" des Erregers scheint kein willkürlicher, zufälliger Prozeß zu sein. Es scheint bei unschuldiger Betrachtung vielmehr so zu sein, dass die beiden, Erreger und Immunsystem gemeinsame Sache machen. Dass der Erreger nur hereinkommen DARF, wenn unser Immunsystem es zulässt. Und ich würde sogar noch weiter gehen und bemerken: Der Erreger ist ein TEIL des Immunsystems. Die beiden sind verschiedene Teile ein und derselben immunologischen Struktur, die nur ein Ziel hat: Die Erhaltung der Autonomie und der Integrität des Individuums.

Zuerst ist die Schädigung da, dann werden Reperaturmechanismen vorbereitet, und DANN erst kommt der Erreger, mit dessen Hilfe der Körper entzünden kann und so schädliche Stoffe verbrennen. Ohne den Erreger könnte unser Immunsystem in vielen Bereichen gar nie aktiv werden.
Diese ‚Kriegsführungstaktik’ unseres Körpers darf man natürlich nicht mit den Augen eines Zivilisten betrachten, denn dann bekommt man es bald mit der Angst zu tun und läuft Gefahr, nur noch hemmen, blockieren und Erreger vernichten zu wollen. Und betreibt so, mit bester helfender Absicht, im Grunde nur effektheischende Sabotage an körpereigenen Abwehrstrukturen.
Mit dem Prinzipiellen Behindern der Erregung durch Hemmung der Erreger (z.B. durch Antibiotika), verhindert man vielleicht die Erregung, doch man blockiert damit auch die ganze auf eine Erregung wartende immunologische Reaktion.
Es ist, als ob man den Träger des olympischen Feuers, der auf dem Weg zum Olympiastadion ist, unterwegs einfängt und niedermacht um so die olympischen Spiele zu verhindern. Dabei wartet das ganze Stadion nur darauf, dass er endlich einmarschiert und das olympische Feuer anzündet, und es leuchtend und heiß brennt damit die Spiele offiziell beginnen und alle Athleten ihr Können zeigen können. Wenn man den einen athletischen, marathon-geeichten Fackelträger unterwegs aus dem Verkehr gezogen hat, wird eben ein anderer, nicht so geeigneter für diese Mission herangezogen werden, vielleicht der Portier. Doch es werden deswegen wohl kaum die olympischen Spiele abgesagt werden.

Und es wird wohl auch keine Infektionskrankheit oder Entzündung nur deswegen abgesagt werden, nur weil der optimale Erreger aus dem Verkehr gezogen wurde. Dann muss eben ein anderer, nicht so geeigneter Erreger herangezogen werden und die Infektion verläuft wahrscheinlich langwieriger und komplizierter. ‚Wandel im Erregerspektrum’ beschönigt man dann diese meist (kranken-) hausgemachte Entwicklung, wenn plötzlich andere Keime da sind als die, die ursprünglich doch ‚so gut’ auf die sie vernichtenden Antibiotika ‚angesprochen’ haben. Und plötzlich zittert man vor ‚antibiotikaresistenten’ Keimen. Die Infektionen finden ungehindert nach wie vor statt, nur eben mit Keimen, die einen viel schwereren Verlauf mit häufigeren Komplikationen einleiten. Eben Keime zweiter Wahl‚ ‚Problemkeime’ (Wieder sind die Erreger schuld). Warum sollten diese auf einmal aktiv werden? Wo kommen plötzlich all die Problemkeime her? Waren die früher nicht da? Oder zieht der Körper sie aus einer Not heraus, aus Mangel an optimalen Erregern, die alle zu gut auf zerstörende Antibiotika angesprochen haben, zur behelfsmäßigen Erledigung seiner immunologischen Aktionen heran?

Virologistik

Bei Viren, normalerweise auch über den Erregerkamm geschert, dürfte es sich um völlig andere Strukturen als bisher angenommen handeln. Um keine Erreger im klassischen Sinne.
Viren sind genetische Informationsstränge außerhalb des Zellkerns. Mobile Gene. Ich würde sie sogar als zum Zellkern gehörige, aber außerhalb des Zellkerns postierte Chromosomen bezeichnen, die dazu da sind, damit der Körper sich genetisch innerhalb von wenigen Stunden rasch änderenden Umgebungsbedingungen anpassen kann. Mit deren Hilfe der Körper ein ganz bestimmtes (Symptom-) Programm fahren kann um in einer neuen, ihn aus dem Gleichgewicht bringenden Situation entsprechend zu reagieren und mit denen er diese strategisch wichtige Information auch an andere Zellen weitergeben kann. Man könnte sagen: Mithilfe von Viren ist der Körper imstande, hochkomplexe Vorgänge als Gesamtkonzept zu steuern. Ein intelligenter Prozeß, den man als Virologistik bezeichnen könnte.

Es gibt übrigens auch Viren, die NICHT krankheitserregend sind. Auf die Interpretation, dass Viren "böse", da entzündungserregend sind, kam man vermutlich, da man immer nur nach militärischen Viren Ausschau hielt, also jenen, mit denen der Körper Entzündungsprogramme fährt. Man forschte nie nach zivilen Viren, die eventuell ganz normale Körperprogramme steuern ( Begeisterung, Trauer, Sehnsucht, Verliebtheit, Glückseligkeit, …?). Würde man suchen, man würde finden.
Zusammenfassend könnte man sagen: Das Immunsystem dient nicht der Abwehr von Erregern sondern der Erhaltung der eigenen individuellen Autonomie und Integrität. Und zu diesem Zweck zieht der Körper im Bedarfsfall auch Erreger heran, die dann‚ plötzlich und scheinbar wie durch Zufall, krankheitserregend werden.

Viren sind keine Erreger im klassischen Sinne sondern zelleigene Informationsstränge, mit denen der Körper komplexe Vorgänge, sowohl militärisch-entzündliche wie auch zivile, als Gesamtkonzept steuern kann. Beide, Bakterien UND Viren, scheinen somit wesentliche Anteile des menschlichen Immunsystems zu sein.
Doch wenn man die Erreger und Viren als Teil des Immunsystems sieht, dann wird man folglich einen primären Heilungsansatz nicht mehr darin sehen können, Erreger und Viren zu vernichten. Denn das würde ein Zerstören körpereigener immunologischer Strukturen bedeuten. Man wird vielmehr dazu übergehen müssen, die vom Körper mithilfe von Bakterien und Viren bereits eingeschlagene Strategie weiterzuverfolgen und ihr eventuell mit Hilfe homöopathischer Arzneitechnologie einen entsprechenden Raum zu geben.

Der Arzt wird zum entzündungsführenden Arzt, der nicht primär gegen den Körper arbeitet indem er ihn mit gegensätzlichen Arzneien hemmt, blockiert oder seine Erreger vernichtet, sondern der den Körper mit homöopathischer Arzneitechnologie dabei unterstützt, mit dessen EIGENEN Strukturen seine Integrität und Ganzheit zu erhalten. Wer wirklich heilen will, der muss sich an die Natur halten, und darf nicht erwarten, dass sich die Natur den eigenen, je nach Zeitgeist gerade modernen Vorstellungen von Heilung anpasst. Und die Natur scheint für Bakterien und Viren eben einen ganz klaren Platz in diesem kriegerischen Entzündungsgeschehen vorgesehen zu haben. Im Zentrum dieses Geschehens steht jedoch nach wie vor der Mensch, und nicht der Erreger. Folglich gilt es im Erkrankungsfall grundsätzlich auch ihn zu behandeln, nicht die Bakterien oder Viren.

Dr. August Zöbl, September, 2002